Sieg für die Pressefreiheit - BGH gibt Afghanistan-Papiere frei!

Der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die Bundesrepublik Deutschland die Veröffentlichung militärischer Lageberichte über den Afghanistaneinsatz der Bundeswehr durch die Presse nicht unter Berufung auf das Urheberrecht untersagen kann.

Urheberrecht als Vorwand

im Jahr 2012 veröffentlichte die „WAZ“ mit den sogenannten „Afghanistan-Papieren“ militärische Lageberichte über den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr. Hiergegen wandte sich die Bundesrepublik mit einer fadenscheinigen Begründung: Der Staat sah sein Urheberrecht verletzt!

Unerklärlicherweise verlor der Verlag in 2 Instanzen vor dem LG Köln und OLK Köln. Der BGH hat nun mit Urteil vom 30.04.2020 - I ZR 139/15 - Afghanistan Papiere II klargestellt, dass das Urheberrecht nicht als Maulkorb gegen die Veröffentlichung eingesetzt werden kann.

Denn, unabhängig davon ob der Bericht überhaupt Urheberrechtsschutz genießt. In jedem Fall greift die Schutzschranke der Berichterstattung über Tagesereignisse (§ 50 UrhG) ein.

Hier war offensichtlich, dass das Urheberrecht nur als Vorwand genutzt wurde, weil keine sonstigen Mittel griffen um eine berechtigte Veröffentlichung zu verhindern. Vor dem BGH griff dieser Kunstgriff aber nicht. Denn, so der BGH,

das Urheberpersönlichkeitsrecht schützt nicht das Interesse an der Geheimhaltung von Umständen, deren Offenlegung Nachteile für die staatlichen Interessen der Klägerin haben könnte.

Dieses Interesse ist durch andere Vorschriften etwa das Sicherheitsüberprüfungsgesetz, § 3 Nr. 1 Buchst. b IFG oder die strafrechtlichen Bestimmungen gegen Landesverrat und die Gefährdung der äußeren Sicherheit gemäß § 93 ff. StGB - geschützt.

Das Urheberpersönlichkeitsrecht schützt allein das urheberrechtsspezifische Interesse des Urhebers, darüber zu bestimmen, ob er mit der erstmaligen Veröffentlichung seines Werkes den Schritt von der Privatsphäre in die Öffentlichkeit tut und sich und sein Werk damit der öffentlichen Kenntnisnahme und Kritik aussetzt.

Dieses Geheimhaltungsinteresse kann nach den Umständen des Streitfalls das durch die Meinungs- und Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 GG geschützte Veröffentlichungsinteresse nicht überwiegen. Dem Interesse an einer Veröffentlichung der hier in Rede stehenden Informationen kommt im Blick auf die politische Auseinandersetzung über die Beteiligung deutscher Soldaten an einem Auslandseinsatz und das damit berührte besonders erhebliche allgemeine Interesse an der öffentlichen und parlamentarischen Kontrolle von staatlichen Entscheidungen in diesem Bereich größeres Gewicht zu.