Keine einstweilige Verfügung bei bereits gelöschten Online-Inhalten
Zwei aktuelle Entscheidungen des Oberlandesgerichts Bamberg verdeutlichen, dass der einstweilige Rechtsschutz im Medien- und Internetrecht nur greift, wenn tatsächlich eine gegenwärtige Gefährdung besteht. Sowohl bei Presseberichten als auch bei negativen Online-Bewertungen fehlt es an der sogenannten Eilbedürftigkeit, wenn die beanstandeten Inhalte bereits gelöscht oder nicht mehr abrufbar sind.
1. Fall: Pressebericht über Anklage – kein Handlungsbedarf mehr nach Löschung
In einem Fall (OLG Bamberg, Beschl. v. 01.08.2024 – 6 U 12/24 e) hatte eine ehemalige Vereinsvorsitzende gegen einen Presseartikel vorgehen wollen, der über die Anklage gegen sie berichtete. Die Medien hatten den Artikel nach einer Abmahnung jedoch vom Netz genommen und zugesichert, ihn nicht erneut zu veröffentlichen.
Das Gericht lehnte den Antrag auf einstweilige Verfügung ab:
Es fehle an der Dringlichkeit, denn eine Wiederholung sei nicht zu erwarten. Der Zweck des Eilverfahrens – schnelle Abhilfe bei fortdauernder Rechtsverletzung – bestehe nicht mehr, sobald die Berichterstattung gelöscht ist und keine Anhaltspunkte für eine erneute Veröffentlichung bestehen.
Praxishinweis:
Wer gegen Presseberichte vorgehen will, sollte schnell handeln und prüfen, ob der Artikel noch online ist. Wird der Bericht gelöscht und eine Wiederveröffentlichung ausgeschlossen, ist eine einstweilige Verfügung in der Regel nicht mehr möglich. Dann bleibt nur noch der Weg über ein normales Hauptsacheverfahren.
2. Fall: Gelöschte Google-Bewertung – kein Eilrechtsschutz mehr nötig
Im zweiten Fall (OLG Bamberg, Beschl. v. 08.03.2024 – 6 U 5/24 e) verlangte eine Online-Händlerin die Unterlassung einer negativen Google-Bewertung. Der Verfasser hatte die Bewertung jedoch bereits gelöscht, sein Google-Konto geschlossen und das Programm „Local Guide“ beendet.
Auch hier sah das Gericht keine Eilbedürftigkeit: Eine gelöschte, nicht mehr auffindbare Bewertung könne keine akute Gefährdung mehr darstellen. Dass Google den Text irgendwann „automatisch“ wieder veröffentlichen könnte, sei rein spekulativ. Wer eine einstweilige Verfügung beantragt, muss konkret glaubhaft machen, dass ohne sofortige gerichtliche Hilfe ein Schaden droht – das war hier nicht der Fall.
Praxishinweis:
Unternehmen sollten bei Online-Bewertungen zunächst prüfen, ob der Beitrag noch abrufbar ist. Nach einer Löschung besteht kein Eilrechtsschutz mehr – nur bei einer fortdauernden Veröffentlichung oder konkreter Wiederholungsgefahr kann eine einstweilige Verfügung Aussicht auf Erfolg haben.
Fazit:
Die Entscheidungen des OLG Bamberg betonen die Trennung zwischen Wiederholungsgefahr und Eilbedürftigkeit. Selbst wenn eine Äußerung rechtswidrig war, rechtfertigt das allein noch kein schnelles gerichtliches Einschreiten. Entscheidend ist, ob noch eine akute Beeinträchtigung besteht.
Für Betroffene bedeutet das: Wer falsche Berichterstattung oder Schmähkritik im Internet stoppen will, sollte sofort reagieren. Ist der Beitrag bereits offline, fehlt die Grundlage für eine einstweilige Verfügung – der Eilcharakter ist dann im Zweifel „verbraucht“.