BGH - Recht auf Vergessen und Auslistung bei Google

Der BGH (VI ZR 476/18) hat am 23.05.2023 in einem wichtigen Urteil zur Löschpflicht von Google endgültig entschieden, dass es einem Betroffenen nicht mehr unbedingt zugemutet werden kann, erst eine gerichtliche Entscheidung einzuholen damit Google bestimmte Suchergebnisses auslistet.

Die Entscheidung

Der BGH entschied jetzt im Einklang mit dem EuGH (Urteil vom 8. Dezember 2022 C-460/20), dass der Betroffene nicht verpflichtet ist, bereits im Vorfeld eines Auslistungsantrags eine gegen den Inhalteanbieter zu erwirken.

Bei Vorschaubildern (thumbnails) in Suchmaschinen, die natürlichen zeigen Personen, gilt, dass diese stets gelöscht werden müssen, wenn einem Auslistungsantrag hinsichtlich des ursprünglichen Kontextes der gelisteten Bilder stattzugeben ist.

Zwar treffe den Betroffenen, der von einem Suchmaschinenbetreiber die Auslistung eines gelisteten Inhalts wegen behaupteter Unrichtigkeit verlangt, grundsätzlich eine Nachweispflicht , dass die Informationen ganz oder zu einem nicht unbedeutenden Teil offensichtlich unrichtig sind.

Eine gerichtliche Entscheidung, wie ehemals vorausgesetzt, sei aber nicht per se erforderlich.

Der Sachverhalt

Die Kläger verlangten von Google die Auslistung bestimmter Links in den Google-Suchergebnissen. Diese führten zu Webseiten, bei denen sich Fotos der Kläger fanden wodurch man die Kläger identifizieren konnte. Die Kläger verlangten, dass Google es unterlässt, die Fotos in Form von Vorschaubildern („thumbnails“) anzuzeigen.

Nach Vorlage dieser Frage beim EuGH entschied nun der BGH im Sinne der Kläger.

Die Auslistung hänge nicht davon ab, dass die Frage der Richtigkeit des aufgelisteten Inhalts im Rahmen eines von dieser Person gegen den Inhalteanbieter eingelegten Rechtsbehelfs einer zumindest vorläufigen Klärung zugeführt worden ist.

Der Betreiber der Suchmaschine sei verpflichtet, einem Auslistungsantrag stattzugeben, wenn die eine Auslistung begehrende Person relevante und hinreichende Nachweise vorlege, die ihren Antrag zu stützen vermögen und belegen, dass die in dem aufgelisteten Inhalt enthaltenen Informationen offensichtlich unrichtig seien oder zumindest ein für diesen gesamten Inhalt nicht unbedeutender Teil dieser Informationen offensichtlich unrichtig sei. Hinsichtlich der Vorschaubilder sei dem Informationswert dieser Fotos - unabhängig vom Kontext ihrer Veröffentlichung auf der Internetseite, der sie entnommen sind, aber unter Berücksichtigung jedes Textelements, das mit der Anzeige dieser Fotos in den Suchergebnissen unmittelbar einhergeht und Aufschluss über den Informationswert dieser Fotos geben kann - Rechnung zu tragen.

Recht auf Vergessen und DSGVO

Nach Art. 17 Abs. 3 lit. a DSGVO ist eine Abwägung der widerstreitenden Rechte und Interessen aus Art. 7, 8, 11 und 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vorzunehmen. Dabei ist auch der Kontext der ursprünglichen Dritt-Veröffentlichung, die zu der Listung in der Suchmaschine führt, maßgeblich zu berücksichtigen. Auch wenn eine Dritt-Webseite bei der Anzeige eines Vorschaubildes durch eine Suchmaschine zwar verlinkt, aber nicht konkret benannt und der Kontext von der Suchmaschine nicht mit angezeigt wird, ist dem Kontext Rechnung zu tragen.

Dabei ist dem Informationswert von Fotos Rechnung zu tragen. Und zwar unabhängig vom Kontext ihrer Veröffentlichung auf der Internetseite, der sie entnommen sind, aber unter Berücksichtigung jedes Textelements, das mit der Anzeige dieser Fotos in den Suchergebnissen unmittelbar einhergeht.

Bewertung der Entscheidung

Da der Betroffe nun regelmäßig keine gerichtliche Entscheidung mehr anstrengen muss um einen Auslistungsantrag bei Google (oder anderen Suchmaschinen) durchzusetzen, vereinfacht es die Entscheidung für Betroffene erheblich, Auslistungsanträge durchzusetzen. Nicht zuletzt wird dadurch die Schwelle für Betroffene gesenkt ihre rechte gegen den Giganten Google durchzusetzen, da langwierige und kostenintensive Gerichtsverfahren im Vorfeld obsolet werden.