#DubistEinMann ggü "Transfrau"=zulässige Meinungsäußerung - OLG Frankfurt aM

Das Posting des Hashtags „#DubistEinMann“ verletzt im Kontext eines Meinungsstreits nicht die Rechte sog. Transfrauen verletzt. teilt das OLG Frankfurt aM in seiner aktuellen Pressemitteilung vom 02.11.2023 mit. Die dortige Klägerin zog Ihren Antrag im Berufungsverfahren zurück.

Mit dieser Argumentation musste sich das Gericht auch nicht mit einer kontroversen biologischen Argumentation auseinandersetzen, dass Trans”frauen” idR chromosomal, also biologische Männer sind und man sie daher als solche benennen können müsse :

Denn die Verfügungsbeklagte trug vor, es handele sich bei der streitgegenständlichen Aussage um eine wahre Tatsachenbehauptung aus dem Bereich der Sozialsphäre. Sie argumentiert, dass die Verfügungsklägerin nach einem biologischen Begriffsverständnis ein Mann sei. Die Verfügungsklägerin begebe sich selbst aktiv in die Öffentlichkeit und trage zu dem Diskurs rund um das Thema Selbstbestimmungsrecht bei. Dabei mache sie ihr eigenes Geschlecht öffentlich und bewusst zum Gegenstand eines gesellschaftlichen Diskurses und müsse deshalb mehr hinnehmen (LG Frankfurt vom 22.06.2023).

Im der 1. Instanz vor dem LG Frankfurt vom 22.06.2023 hatte die Klägerin vorgebracht:

Die Verfügungsklägerin als als sog. Transfrau war der Auffassung, ihr stehe ein Unterlassungsanspruch zu, weil die Verfügungsbeklagte sie in ihrem Blog mit dem Hashtag „#DubistEinMann“ fälschlich als Mann bezeichne und dadurch rechtswidrig in ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht eingegriffen.

Die Verfügungsbeklagte benutze wissentlich die falsche Geschlechtszuordnung („Misgendering“) und behaupte damit wahrheitswidrig, die Verfügungsklägerin sei ein Mann. Diese Form des Misgenderings stelle eine unwahre Tatsachenbehauptung dar und sei geeignet, die Verfügungsklägerin in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen. Die Verfügungsbeklagte bezeichne die Verfügungsklägerin bewusst als Mann, um ihr in ehrverletzender Weise ihre tatsächliche Geschlechtsidentität und Lebensrealität abzusprechen und deren Anerkennung zu verweigern. Dass die Verfügungsbeklagte absichtlich handele, ergebe sich unter anderem aus den anderen Veröffentlichungen der Verfügungsbeklagten und den in ihrem Onlineshop verkäuflichen Produkten.

Die Missachtung gegenüber der Verfügungsklägerin werde dadurch verstärkt, dass die Äußerung öffentlich im Internet zugänglich ist.

Weder das Landgericht noch das Oberlandesgericht schlossen sich dieser Sichtweise an, da es eine zulässige Meinungsäußerung sei, vor allem, da der Hashtag eine allgemeine Zielrichtung aufweise und sich nicht gegen eine Einzelperson richte.

Hier geht es zur Pressemitteilung:

Die Beklagte kommentierte einen Beitrag der Klägerin auf der Plattform „X“ u.a. mit „#DubistEinMann“. Diese Aussage ist unter Berücksichtigung des Kontextes und nach Abwägung der involvierten Interessen als zulässige Meinungsäußerung einzuordnen, beschloss das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) n.de/presse/dubisteinmann-ist-eine-zulaessige-meinungsaeusserung mit heute veröffentlichter Entscheidung und folgte damit der Einschätzung des Landgerichts. Die Klägerin nahm daraufhin ihren Eilantrag zurück.

Die Klägerin ist als Journalistin tätig. Sie ist Transfrau und Aktivistin. Ebenso wie die Beklagte ist sie auf der Plattform „X“, vormals Twitter, aktiv. Die Klägerin veröffentlichte dort den Beitrag: „Beim @Frauenrat tummeln sich gerade jede Menge #TERF #TERFs in den Kommentaren. Gebt dem Frauenrat doch mal ein wenig Support (Herz-Emoji)“. Die Beklagte kommentierte dies mit „8 likes (Smiley-Emoji mit lachendem Gesicht und Schweißtropfen) times changed! #DubistEinMann“.  Die Klägerin begehrt von der Beklagten im Eilverfahren es zu unterlassen, hinsichtlich ihrer Person zu verbreiten, „sie sei ein Mann“. Das Landgericht hatte den Antrag zurückgewiesen.

Diese Einschätzung teilte auch das OLG. Die Klägerin könne nicht verlangen, dass die streitgegenständliche Äußerung unterlassen werde, bestätigte das OLG die landgerichtliche Entscheidung im Rahmen seines Hinweisbeschlusses. Der Aussagegehalt der angegriffenen Äußerung sei im Kontext mit dem sonstigen Inhalt des Tweets aus Sicht eines verständigen und unvoreingenommenen Lesers zu ermitteln. Demnach kommentiere die Beklagte die Äußerung und den Aufruf der Klägerin und bekunde ihre ablehnende Meinung zu dem in dem verlinkten Beitrag des Deutschen Frauenrates thematisierten Recht auf Selbstbestimmung und Transgeschlechtlichkeit. Der Post der Beklagten stelle sich als Antwort auf den Post der Klägerin und den dort verlinkten Beitrag des Deutschen Frauenrates dar. Vor dem angefügten Hashtag befinde sich der eigentliche Kommentar der Beklagten. Das Smiley-Emoji solle die Witzigkeit unterstreichen. Mit ihrem Kommentar bringe die Beklagte zum Ausdruck, dass das Thema an gesellschaftspolitischer Bedeutung verloren und die Einstellung hierzu sich geändert habe.

„Aufgrund der Schreibweise der nachfolgenden Äußerung ohne Leerzeichen und der atypischen Großschreibung des unbestimmten Artikels „ein“ sowie der Einkleidung als Hashtag versteht der Leser diese (#dubistEinMann) nicht als persönliche Ansprache der Klägerin im Sinne einer direkten Rede, sondern als verallgemeinernde, d.h. an jede Transfrau gerichtete Aussage“, vertiefte das OLG. Der Begriff „Mann“ korreliere für den Leser erkennbar mit dem von der Klägerin in ihrem Hashtag verwendeten Akronym „terf“ (Trans-Exclusionary Radical Feminist), „der für einen Feminismus steht, der transFrauen ausschließt und ausdrücken soll, dass die damit bezeichnete „transgeschlechtliche“ Personen, insbesondere Transfrauen, diskriminiert oder die Transidentität als solche infrage gestellt wird“. Prägend für die Lesart des Lesers sei auch, dass Hashtags insbesondere zur Verschlagwortung und Indexierung von Inhalten genutzt würden; durch die Verknüpfung mit anderen Beiträgen solle gerade Öffentlichkeit generiert werden.

Das Landgericht habe auch zu Recht verneint, dass hier Schmähkritik vorliege. Der Äußerung lasse sich nicht entnehmen, dass die Beklagte die Klägerin losgelöst vom Inhalt ihres Posts und des damit verlinkten Beitrags des Deutschen Frauenrats und damit abseits der Sachdebatte als Person herabwürdigen und diffamieren wolle.

Dem Recht der Beklagten auf Meinungsäußerungsfreiheit gebühre hier gegenüber dem Schutz des Persönlichkeitsrechts der Klägerin und ihrer geschlechtlichen Identität der Vorrang. Zu berücksichtigen sei u.a., dass sich die Klägerin wiederholt selbst aktiv in die Öffentlichkeit begeben und das Selbstbestimmungsrecht und ihr eigenes Geschlecht zum Gegenstand eines gesellschaftlichen Diskurses gemacht habe. Mit den von der Klägerin gesetzten Hashtags habe diese bewusst die dahinterstehende „Community“ angesprochen. Der hier thematisierte Entwurf des Selbstbestimmungsgesetzes und die damit verbundenen Wirkungen berührten die Öffentlichkeit wesentlich.

Die Klägerin hat nach Erhalt des Hinweisbeschlusses des OLG ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgenommen. Damit ist die landgerichtliche Entscheidung wirkungslos.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Hinweisbeschluss vom 26.9.2023, Az. 16 U 95/23

(vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 6.7.2023, Az. 2-03 O 228/23)

Christian Regnery, LL.M.