5.000 EUR Schmerzensgeld bei negativem Schufa-Eintrag - LG Mainz

Das Landgericht Mainz (Urt. v. 12.11.2021 - 3 O 12/20) hat einem Mann im Falle einer unberechtigten Meldung an die Schufa einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 5.000 EURO aus Art. 82 DSGVO zugesprochen.

Der Fall zeigt, dass nicht jeder negativer Eintrag bei der Schufa Holding AG einfach so hingenommen werden muss und es durchaus Sinn machen kann, gegen unberechtigte Meldungen vorzugehen.

Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger macht Ansprüche aus einer Negativmeldung der Beklagten zur SCHUFA Holding AG geltend. Dem liegt im wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger ist allein erziehender Vater zweier Mädchen. In seinem Haushalt ist ein Au-Pair-Mädchen beschäftigt.

Gegen ihn wurden eine Rechnung, mehrfache Mahnungen, ein Mahnbescheid und schließlich ein Vollstreckungsbescheid erstellt. Noch vor Rechtskraft des letzeren machte ds Inkassobüro eine Einmeldung an die Schufa.

Der Kläger meint, die Ersteinmeldung zur SCHUFA Holding AG sei rechtswidrig gewesen, weil die Beklagte - was in tatsächlicher Hinsicht unstreitig ist - nicht zumindest den Ablauf der Einspruchsfrist abgewartet habe. Die Datenübermittlung zu diesem Zeitpunkt sei für den Kläger nicht vorhersehbar gewesen, jedenfalls überwögen die Interessen des Klägers etwaige für eine Einmeldung sprechenden Interessen der Beklagten oder Dritter. Schon nach altem Recht sei eine 14tägige Karenzfrist abzuwarten gewesen; daran habe sich durch das Inkrafttreten der DSGVO und die Neufassung des BDSG nichts geändert. Die Meldung der Beklagten an die SCHUFA vom 24.07.2019 sei schon sachlich falsch gewesen, weil die Beklagte mitgeteilt habe, die Forderung sei uneinbringlich.

Dazu führt das Landgericht aus:

1. Feststellungsantrag

Zu Recht begehrt der Kläger die Feststellung, dass die Ersteinmeldung der Beklagten an die SCHUFA Holding AG vom 16.07.2019 rechtswidrig war.

Bereits vor Inkrafttreten der DSGVO und Novellierung des BDSG war davon auszugehen, dass eine nicht von den Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) gedeckte Übermittlung personenbezogener Daten eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellt, das als sonstiges Recht im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB auch negatorischen Schutz nach den allgemeinen Vorschriften genießt. Insofern konnte und kann ein Anspruch auf Widerruf wie auch ein solcher auf Richtigstellung als Beseitigungsanspruch der durch die unzulässige Übermittlung entstandenen Störung aus entsprechender Anwendung von § 1004 Abs. 1 BGB gegeben sein (grundlegend fürs alte Recht: BGH NJW 1984, 436, 436). Die im BDSG a. F. enthaltenen bereichsspezifischen Normen für das Auskunfteiwesen sind durch die DSGVO und im BDSG 2018 weggefallen mit Ausnahme lediglich des § 31 BDSG 2018. Jetzt ergeben sich die Verarbeitungsbefugnisse nurmehr unmittelbar aus Europarecht; gleiches gilt für die Betroffenen rechte (von Lewinski/Pohl ZD 2018,17). Von der Neuregelung unberührt geblieben ist die Grundstruktur eines Verbotes mit Erlaubnisvorbehalt, wonach die Übermittlung personenbezogener Daten eines gesetzlichen Erlaubnistatbestandes bedarf, um zulässig zu sein (vgl. Art. 6 DSGVO: "... ist nur rechtmäßig, wenn..."; § 31 Abs. 1 BDSG n. F.:.ist nur zulässig, wenn..."). Das stellt auch die Beklagte nicht in Abrede. Einigkeit dürfte ferner darüber bestehen, dass für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit der Einmeldung auf deren Zeitpunkt abzustellen ist.

Die streitgegenständliche Datenübermittlung - die Ersteinmeldung der Beklagten an die SCHUFA Holding AG vom 16.07.2019 - war im vorliegenden Fall nicht aufgrund der Bestimmung des Art. 6 Abs. 1 lit. f, Abs. 4 DSGVO zulässig. Danach ist die Verarbeitung rechtmäßig, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen (Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO). Beruht die Verarbeitung zu einem anderen Zweck als zu demjenigen, zu dem die personenbezogenen Daten erhoben wurden, nicht auf der Einwilligung der betroffenen Person oder auf einer Rechtsvorschrift der Union oder der Mitgliedstaaten, die in einer demokratischen Gesellschaft eine notwendige und verhältnismäßige Maßnahme zum Schutz der in Artikel 23 Abs. 1 DSGVO genannten Ziele darstellt, so berücksichtigt der Verantwortliche — um festzustellen, ob die Verarbeitung zu einem anderen Zweck mit demjenigen, zu dem die personenbezogenen Daten ursprünglich erhoben wurden, vereinbar ist - u. a. die in Art. 6 Abs. 4 lit. a-e aufgeführten Faktoren.

Für den Fall, dass personenbezogene Daten zu einem anderen Zweck verarbeitet werden sollen als demjenigen, zu dem sie erhoben wurde, sieht Art. 6 Abs. 4 DSGVO mithin nach seinem Wortlaut drei mögliche Rechtfertigungstatbestände vor: 1) die Einwilligung des Betroffenen; 2) eine die Datenverarbeitung tragende Rechtsvorschrift der Union oder der Mitgliedstaaten, die den in Art. 6 Abs. 4 DSGVO genannten Anforderungen gerecht wird, oder 3) eine Generalklausel zur Interessenabwägung.

Die Ersteinmeldung der Beklagten war nicht deshalb rechtmäßig, weil sie von einer Einwilligung des Klägers (Art. 6 Abs. 1 lit. a, und Abs. 4, 1. Alt. DSGVO) gedeckt wäre, etwa in Gestalt einer wirksam vereinbarten SCHUFA-Klausel. Hierzu ist nichts vorgetragen.

Ob die Bestimmungen des nationalen Rechts (nach dem Wortlaut des Art. 6 Abs. 4 DSGVO die 2. Alternative der Norm) gegenüber der Generalklausel der DSGVO (nach dem Wortlaut des Art. 6 Abs. 4 DSGVO deren 3. Alternative) selbständige Bedeutung in dem Sinne haben, dass sie unter den im nationalen Recht statuierten Voraussetzungen eine Datenübermittlung rechtfertigen und insoweit die Generalklausel der DSGVO konkretisieren können, ist in Rechtsprechung und Literatur, aber auch zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits, umstritten. In § 28a BDSG a.F. (insbesondere in § 28a Abs. 1 BDSG a. F. für negative Informationen) war ausdrücklich geregelt, unter welchen Voraussetzungen eine Datenübermittlung an Auskunfteien zulässig ist. An Art 6 Abs. 1 lit. f DSGVO zeigt sich demgegenüber eine wesentliche Änderung der Regelungsarchitektur durch den Wechsel von der Richtlinie zur (Grund-)Verordnung: Die Abwägung erfolgt nunmehr unmittelbar durch den normanwendenden Verantwortlichen und jedenfalls insoweit nicht mehr zunächst vorgeschaltet durch den umsetzenden mitgliedstaatlichen Gesetzgeber; außerhalb der beschränkten Öffnungsklauseln ist Letzterer nicht mehr regelungsbefugt (von Lewinski / Pohl, ZD 2018, 17, 18). Eine solche beschränkte Öffnungsklausel könnte sich allerdings in Art. 6 Abs. 4, 2. Alt. DSGVO finden, soweit dort ausdrücklich von einer Datenverarbeitung die Rede ist, die "auf einer Rechtsvorschrift... der Mitgliedstaaten (beruht), die in einer demokratischen Gesellschaft eine notwendige und verhältnismäßige Maßnahme zum Schutz der in Art. 23 Abs. 1 [DSGVO] genannten Ziele darstellt". Streitig ist, ob das zur DSGVO ergangene nationale deutsche Recht an die zum alten Recht in § 28a BDSG a. F. getroffenen Wertentscheidungen anknüpft und diese (gedeckt von der Öffnungsklausel in Art. 6 Abs. 4, 2. Alt. DSGVO) in den vergleichbaren Wertungen des § 31 BDSG fortschreibt, oder ob - wie die Beklagte meint - die Zulässigkeit der Datenübermittlung an Auskunfteien allein unionsrechtlich zu bestimmen ist, weil dem nationalen Gesetzgeber insoweit die Gesetzgebungskompetenz zum Erlass konkretisierender und damit ggf. abweichender Regelungen fehlt(e) (vgl. Zum Meinungsstreit statt vieler: Wolff/Brink, BeckOK Datenschutzrecht, 37. Ed. Stand 01.08.2021, § 31 BDSG Rn. 6).

Für den vorliegenden Fall bedarf dieser Streit keiner abschließenden Entscheidung. Denn bei allein unionsrechtlicher Prüfung anhand der in Art. 6 Abs. 1 lit. f, Abs. 4 lit. a-e DSGVO genannten Kriterien gelangt die Kammer in gleicher Weise wie bei einer die nationale Vorschrift des § 31 BDSG n. F. einbeziehenden Beurteilung zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall die Beklagte einen die Einmeldung rechtfertigenden Sachverhalt nicht hinreichend dargetan und bewiesen hat. Weil es mithin für die Entscheidung des Falles nicht darauf ankommt, ob und inwieweit die DSGVO in Art. 6 Abs. 4 eine Öffnungsklausel zugunsten des nationalen Gesetzgebers enthält und ob der deutsche Gesetzgeber im Rahmen dieser Öffnungsklausel Wertungen des alten nationalen Rechts fortschreiben durfte, war diese Frage auch nicht im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens dem EuGH vorzulegen.

(1) Die Einmeldung der gegen den Kläger gerichteten Forderung als tituliert erfolgte zwar in Wahrnehmung eines dem Grunde nach als berechtigt anerkannten Interesses des Verantwortlichen.

Kreditinformationssysteme sind unionsrechtlich anerkannt und für andere Bereiche vorausgesetzt. Ausreichend ist jedenfalls ein berechtigtes Interesse der übermittelnden oder der empfangenden Stelle (Heintz jM 2018,184,185). Anders als nach altem Recht können nach der DSGVO auch berechtigte Drittinteressen eine Datenverarbeitung legitimieren (Wolff/Brink, BeckOK Datenschutzrecht, 37. Ed. Stand 01.08.2021, Art. 6 DSGVO Rn. 47). In der hier in Rede stehenden Konstellation stehen das Eigeninteresse des Einmeldenden (Beklagte) und das Drittinteresse des Einmeldungsempfängers (SCHUFA Holding AG) deckungsgleich bzw. spiegelbildlich nebenenan-der wegen des Gegenseitigkeitselements, das dem Geschäftsprinzip der SCHUFA zugrunde liegt. Berücksichtigungsfähige Interessen im Sinne des Art. 6 DSGVO sind insoweit insbesondere der Schutz vor kreditorischen Risiken, der Ausgleich des Informationsgleichgewichts zwischen Kreditgeber und Kreditnehmen, die Senkung der Ausfallquote, das berechtigte Interesse der Kreditgeber an Gewinnerzielung und die Handlungs- u Gewerbefreiheit (von Lewinski / Pohl ZD 2018, 17, 20). Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, der Einmeldung liege schon kein berechtigtes Interesse zugrunde, insbesondere nicht der Schutz der Kreditwirtschaft. Die habe vor dem Kläger nicht geschützt werden müssen, weil die Forderung zwar gerichtlich festgestellt, dann aber innerhalb weniger Tage vollständig ausgeglichen worden sei. Diese Argumentation des Klägers vermengt indes die Feststellung der Interessenabwägung einzustellenden Interessen einerseits und den Abwägungsprozess andererseits. Abzustellen ist auf den Zeitpunkt der Einmeldung. Zu diesem Zeitpunkt war eine Forderung gegen den Kläger tituliert worden, stand mithin das Informationsinteresse der Kreditwirtschaft darüber im Raum, dass der Kläger diese Forderung jedenfalls bis zu ihrer Titulierung nicht erfüllt hatte. Dass es zur Titulierung erst unmittelbar vor der Einmeldung gekommen war, mag im weiteren Prozess der Interessenabwägung eine Rolle spielen, berührt jedoch nicht das dem Grunde nach bestehende Interesse potentieller Geschäftspartner an den mitgeteilten Daten.

(2) Gleichfall zu bejahen sein dürfte die Erforderlichkeit der Datenverarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen des Einmeldenden oder Dritten. Die Bestimmung der Erforderlichkeit der Datenverarbeitung war schon bisher der mitgliedschaftlichen Regelung entzogen und mithin unionsrechtlich autonom zu bestimmen (Einzelheiten bei von Lewinski / Pohl ZD 2018, 17, 19). Erforderlichkeit liegt mit Blick auf Erwägungsgrund 39 der DSGVO vor, sofern kein milderes, wirtschaftlich gleich effizientes Mittel zur Verfügung steht, den entsprechenden Zweck zu verwirklichen. In Anbetracht der weit auszulegenden berechtigten Interessen vermag das Kriterium der Erforderlichkeit keine einschränkende Wirkung zu entfalten (Heintz jM 2018, 184, 187). Jedenfalls im vorliegenden Fall ist kein Mittel dargetan, das in gleichem Maße geeignet wäre, die am Wirtschaftsleben Beteiligten vor einem etwa mit Rechtsgeschäften mit dem Kläger verbundenen Ausfallrisiko - wie groß oder klein dieses auch immer sein mag - zu schützen.

(3) Der Mitteilung personenbezogener Daten standen jedoch im vorliegenden Fall überwiegende schutzwürdige Interessen des Klägers entgegen, und zwar bei einer die Bestimmungen des BDSG einbeziehenden Betrachtung in gleicher Weise wie bei rein unionsrechtlicher Bewertung.

Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO lässt die Verarbeitung personenbezogener Daten nur zu, wenn keine überwiegenden schutzwürdigen Interessen sowie Grundrechte und Grundfreiheiten des Betroffenen entgegen stehen. Zu berücksichtigen sind in diesem Zusammenhang insbesondere die Natur der verarbeiteten personenbezogenen Daten, die Art der Informationsverarbeitung u potenzielle Gefahrenquellen sowie die vernünftigen Erwartungen des Betroffenen (vgl Erwägungsgrund 47 DSGVO), insbesondere die Erkennbarkeit der Umstände der Verarbeitung zum Zeitpunkt der Erhebung (hierzu und zu weiteren Erwägungen von Lewinski / Pohl ZD 2018, 17 ff.; Wolff/Brink, BeckOK Datenschutzrecht, 37. Ed. Stand 01.08.2021, § 6 DSGVO Rn. 53). Die Legitimationswirkung von Art 6 Abs 1 lit. f DSGVO erfordert dabei stets die Erforderlichkeit der Datenverarbeitung und in einem weiteren Schritt eine Abwägung mit den Interessen des Betroffenen im Einzelfall (Wolff/Brink, BeckOK Datenschutzrecht, 37. Ed. Stand 01.08.2021, § 6 DSGVO Rn. 49 mit Verweis auf EG 47 S. 3, wonach in jedem Fall das Bestehen eines berechtigten Interesses besonders sorgfältig abzuwägen ist.

(a) Eine die Bestimmungen des nationalen Rechts einbeziehende Bewertung hat von § 31 BDSG n. F. auszugehen.

Die Norm regelt zwar nicht unmittelbar die Befugnis zur Mitteilung personenbezogener Daten, sondern verhält sich zur Zulässigkeit der Verwendung eines Wahrscheinlichkeitswertes über ein bestimmtes zukünftiges Verhalten einer natürlichen Person zum Zweck der Entscheidung über die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses mit dieser Person (Scoring, Abs. 1) bzw. zur Verwendung eines solchen Scoringwertes im Fall der Einbeziehung von Informationen über Forderungen (Abs. 2). Es spricht aber vieles dafür, dass, wenn ein Scoring, das unter Einbeziehung von Informationen über Forderungen zulässigerweise erstellt wurde (Abs. 1), verwendet werden darf (Abs. 2), dann auch die vorgelagerte Einmeldung dieser Daten zum Zwecke des Scoring zulässig ist. § 31 BDSG enthält zwar direkt keinen Vorgaben zur Einmeldung, legt jedoch die Datengrundlage für später ggf. zu verwendende Scorewerte fest; sie prägt damit mittelbar die Scorewert-Berechnung und impliziert die grundsätzliche Zulässigkeit der Mitteilung dort aufgelisteten Daten (von Lewinski / Pohl ZD 2018, 17, 21; KG Berlin, Urt. v. 20.07.19 - 4 U 90/19 -, juris Orientierungssatz 7 und Rn 56). Deshalb werden die Kriterien des § 31 Abs. 2 BSDG n. F. zur Beurteilung der Vorgaben des nationalen Rechts allgemein auch insoweit als maßgeblich, zumindest aber im Sinne eines starken Indizes herangezogen: Ein auch im Einzelfall berechtigtes Interesse an einer Übermittlung von Bonitätsdaten an eine Wirtschaftsauskunftei besteht nur hinsichtlich solcher Forderungen, die die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BDSG erfüllen (OLG Sachsen-Anhalt, Urt. V. 10.03.2021 - 5 U 182/20 juris).

Der Kriterienkatalog des § 31 BDSG n. F. orientiert sich eng an demjenigen des § 28a BDSG a. F.; soweit geringfügig andere Formulierungen gewählt wurden, ist hiermit ein grundlegend geänderter Regelungsgehalt nicht verbunden. Der nationale Gesetzgeber hat in der Gesetzesbegründung zu § 31 BDSG n. F. betont, mit § 31Abs 2 S. 1 Nr. 1-5 BDSG werde die materielle Fortgeltung des Regelungsgehaltes der in § 28a Abs 1 BDSG a. F. aufgelisteten Voraussetzungen bezweckt, und dabei auf deren überragende Bedeutung für den Verbraucherschutz und den Schutz des Wirtschaftsverkehrs hingewiesen. Zugleich wird der dortige "angemessene Ausgleich wider-streitender Interessen" betont (KG Berlin, Urt. v. 30.07.19 - 4 U 90/19 -, Rn. 55 ff.). Deshalb kann die zu § 28a BDSG a. F. ergangene Rechtsprechung nach wohl allgemeiner Auffassung bei der Auslegung des § 31 BDSG n. F. entsprechend herangezogen werden. (Heintz jM 2018, 184, 187; von Lewinski / Pohl ZD 2018, 17, 18).

Nach § 31 Abs. 2 Nr. 4 BDSG n. F. kann die Datenübermittlung insbesondere berechtigt sein, wenn der Schuldner nach Eintritt der Fälligkeit mindestens zweimal schriftlich gemahnt worden ist, die erste Mahnung zum Zeitpunkt der Übermittlung der Daten mindestens vier Wochen zurückliegt und der Schuldner zuvor, jedoch frühestens bei der ersten Mahnung, über eine mögliche Berücksichtigung durch eine Auskunftei unterrichtet worden ist. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erwiesen. Die Beklagte behauptet zwar, der Kläger sei vor Einleitung des gerichtlichen Mahnverfahrens mehrfach angemahnt worden, nämlich am 31.07.2018 durch die ... (Anlage B3, Bl. 104 d. A.), am 15.07.2018, und 29.08.2018, 12.09.2018 und 27.09.20218 durch die Beklagte (drei dieser Mahnungen sind vorgelegt worden - Anlagen B4 bis B6, Bl. 105 bis 114 d. A. -, die vom 27.09.2018 nicht), sowie durch Anwaltsschreiben vom 17.10.2018 (Anlage B8, Bl. 116 d. A.) und 12.11.2018 (Anlage B9,, Bl. 118 d. A.). Der Kläger hat zwar nicht die Versendung, aber den Zugang sämtlicher Mahnschreiben bestritten. Beweisangebote für den Zugang der Mahnungen hat die Beklagte nicht unterbreitet.

Nachdem die Versendung der Schreiben unstreitig ist, mag bei lebensnaher Betrachtung unterstellt werden können, dass zumindest einzelne der Mahnschreiben auch zugegangen sind. Der Schuldner muss jedoch, damit die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 Nr. 4 BDSG n. F. vorliegen, zusätzlich über eine mögliche Berücksichtigung der Forderung durch eine Auskunftei unterrichtet worden sein (§ 31 Abs. 2 Nr. 4 lit. c BDSG n. F.; ebenso bereits § 28a Abs. 1 Nr. 4 lit. c BDSG a. F.). Von allen von der Beklagten vorgelegten Mahnschreiben enthält nur dasjenige vom 29.08.2018 die Ankündigung, ggf. die Daten an die SCHUFA Holding AG zu übermitteln. Dass neben irgend einem weiteren Mahnschreiben zumindest dieses eine Schreiben dem Kläger zugegangen ist, kann nicht unterstellt werden. Damit lagen schon die Voraussetzungen für eine Einmeldung der Forderung nach § 31 Abs. 2 Nr. 4 lit. c BDSG n. F. nicht vor.

Die Beklagte stützt ihre Befugnis zur Datenübermittlung auf die Fallgruppe des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BDSG n. F., wonach die Datenübermittlung zulässig ist, wenn die in Rede stehende Forderung durch ein rechtskräftiges oder für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil festgestellt worden ist oder für die Forderung ein Schuldtitel nach § 794 ZPO vorliegt. Streitig ist, ob bereits mit Erlass eines vorläufig vollstreckbaren Urteils ein Schuldtitel i. S. des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BDSG n. F."vorliegt" oder ob - im Rahmen dieses gesetzlichen Kriteriums oder als zusätzlicher Prüfungspunkt im Rahmen der Interessenabwägung - zu fordern ist, der Schuldtitel müsse dem Schuldner zugestellt worden sein oder es müsse gar seit dessen Zustellung eine bestimmte Karenzfrist zur Begleichung der titulierten Forderung verstrichen sein, bevor die Einmeldung zur Auskunftei erfolgen dürfe (vgl. z. B. Gola/Heckmann/Lapp, 13. Aufl. 2019, § 31 BDSG Rn. 40).

Wenn dem gerichtlichen Titel eine bestrittene Forderung zugrunde liegt und diese innerhalb angemessener Frist, nachdem der Titel vollstreckbar geworden ist, erfüllt worden ist, soll diese Forderung nicht "miteingerechnet" werden dürfen (Krämer, NJW 2012, 3201); sonst brächte die Weigerung der Bezahlung einer zunächst für unbegründet erachteten Forderung für die betroffene Person vor der gerichtlichen Klärung ein Bonitätsrisiko mit sich (Wolff/Brink, BeckOK Datenschutzrecht, Stand 37. Ed. 01.08.2021, § 31 BDSG Rn. 10), das geeignet wäre, die Effektivität gerichtlichen Rechtsschutzes unbillig zu beeinträchtigen. Auch wenn zunächst die Voraussetzungen der Einmeldung einer Forderung nach § 31 Abs. 2 Nr. 4 BDSG vorliegen, der Schuldner dann aber nachträglich der Forderung widerspricht - mit der Folge, dass die gemeldeten Daten zu löschen sind -, kann die Forderung erst dann wieder beim Scoring Berücksichtigung finden, wenn die betroffene Person den die Forderung bestätigenden gerichtlichen Titel nicht binnen einer angemessenen Zeit, nachdem dieser vollstreckbar geworden ist, erfüllt (Krämer, NJW 2012, 3201; Wolff/Brink, BeckOK Datenschutzrecht, Stand 37. Ed. 01.08.2021, § 31 BDSG Rn. 18). § 31 Abs. 2 Nr. 1 BDSG unterscheidet aber nicht danach, ob der Vollstreckungstitel aufgrund eines streitigen Verfahrens ergangen ist oder ob es sich um ein Versäumnisurteil oder einen Vollstreckungsbescheid handelt. Im übrigen können sich auch in den letztgenannten Fällen die verfassungsrechtlich geschützten Gebote, effektiven Rechtsschutz zu bieten und rechtliches Gehör zu gewähren, eine sofortige Einmeldung der Forderung bereits mit Erlass des Titels als unbillige Beeinträchtigung der betroffenen Person darstellen. In aller Regel wird das dem Titel vorausgehende Verfahren gewährleisten, dass der in Anspruch Genommene die Möglichkeit hat, der Forderung zu widersprechen, und dass ein vorläufig vollstreckbarer Titel nur dann ergeht, wenn der in Anspruch Genommene diese Möglichkeit ungenutzt verstreichen lässt oder aber der Widerspruch durch ein Gericht als unberechtigt bewertet wird. Gerade in den Fallkonstellationen eines Versäumnisurteils oder Vollstreckungsbescheides ist aber ohne weiteres denkbar, dass der betroffenen Person diese Möglichkeit aufgrund von Fehlern bei der Zustellung des vorangegangenen Rechtsaktes (hier: des Mahnbescheides) planwidrig nicht zustand. Man wird ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil oder einen Vollstreckungsbescheid nur dann als ausreichende Grundlage für eine Übermittlung der Forderung als tituliert an eine Auskunftei genügen lassen können, wenn nach Erlass und ggf. Zustellung des Titels eine Mindestkarenzfrist verstrichen ist, deren die betroffene Person bedarf, um die Forderung mit der gebotenen Beschleunigung (notfalls vorläufig, wenn weitere Rechtsbehelfe eingelegt werden sollen) zu begleichen.

Dass dieses Ergebnis keine in der Regelungssystematik des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BDSG n. F. völlig atypische Konstellation unzulässigerweise verallgemeinert, wird an etlichen anderen Fallgruppen deutlich, in denen gleichfalls nicht ohne weiteres bereits die Existenz eines Vollstreckungstitels auf die Zahlungsunfähigkeit oder -Willigkeit des Zahlungspflichtigen schließen lässt. Das gilt beispielsweise für Kostenfestsetzungsbeschlüsse (§ 794 Abs. 1 Nr. 2 ZPO), bei denen dem Zahlungspflichtige regelmäßig erst mit Zugang des Titels die Höhe der titulierten Verbindlichkeit bekannt ist. Auch beim Abschluss eines gerichtlichen Vergleiches (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) ist denkbar, dass sich eine der Parteien zu Vergleichszwecken zu einer Zahlung verpflichtet, zu der sie objektiv nicht oder nicht in dieser Höhe verpflichtet war, und muss dem Zahlungspflichtigen im Anschluss an den Vergleichsschluss eine Mindestkarenzfrist bleiben, um den Vergleich dann auch zu erfüllen, ohne dass die Existenz des Vergleichs auf die mangelnde Fähigkeit oder Bereitschaft schließen ließe, die darin übernommene Verbindlichkeit zu erfüllen.

Wie lange die zu fordernde Mindestkarenzfrist zwischen Erlass oder Zustellung des Vollstreckungstitels und der Zulässigkeit der Einmeldung der Forderung zu bemessen ist, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Die streitgegenständliche Ersteinmeldung der Beklagten an die SCHUFA Holding AG ist noch am Tag des Erlasses des Vollstreckungsbescheides und zwei Tage vor seiner Zustellung an den Kläger erfolgt. Nach Überzeugung der Kammer war die Einmeldung der Forderung an die SCHUFA Holding AG zu diesem Zeitpunkt nicht von der Bestimmung des § 31 BDSG n. F. gedeckt.

(b) Zu einem anderen Ergebnis kommt man auch nicht bei der von der Beklagten geforderten rein unionsrechtlichen Betrachtung, die die Vorschriften des nationalen Rechts in der Überzeugung, es fehle an einer entsprechenden Regelungskompetenz des nationalen Gesetzgebers, außer Betracht lässt.

Die Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO ist auch dann, wenn die Verarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich sind, ausgeschlossen, wenn die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen. Die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person überwiegen die berechtigten Interessen an der Datenverarbeitung nach Einschätzung der Kammer jedenfalls dann, wenn die betroffene Person zu dem in Rede stehenden Zeitpunkt mit einer Verarbeitung der Daten nicht zu rechnen brauchte. Entsprechendes gilt, wenn sie nur unter Aufgabe des Kerngehaltes ihrer Grundrechte und Grundfreiheiten und damit nur in unzumutbarer Weise in der Lage wäre, der - wenngleich absehbaren - Verarbeitung ihrer Daten entgegenzuwirken. So verhält es sich hier.

Zum einen brauchte der Kläger zum Zeitpunkt der Ersteinmeldung der streitgegenständlichen Forderung mit der Mitteilung an die SCHUFA Holding AG nicht zu rechnen, weil ihm diese nicht nachweislich für den Fall einer Nichtbegleichung der Forderung angekündigt worden war. Indem er die drohende Gefahr, die unionsrechtlich anerkannte und geschützte Herrschaft über die eigenen personenbezogenen Daten zu verlieren, nicht vorhersehen konnte, blieb ihm zugleich die Möglichkeit vorenthalten, sich unter Abwägung seiner eigenen relevanten Interessen selbstverantwortlich zu entscheiden zwischen der Gefahr der Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten einerseits und den wirtschaftlichen Verlusten oder Risiken, die mit einer zumindest vorläufigen Begleichung der Forderung verbunden gewesen wären, andererseits.

Eine Negativmeldung über die titulierte Forderung in der hier bestehenden Konstellation bereits am Tag des Erlasses des Vollstreckungsbescheids für zulässig zu erachten, würde zudem, wie dargestellt, das gleichfalls unionsrechtlich anerkannte Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes in einer für den Kläger unzumutbaren Weise beschneiden. Nach den einschlägigen Bestimmungen des nationalen Rechts ist zwar dem Gebot effektiven Rechtsschutzes im Mahnverfahren dadurch Rechnung zu tragen, dass dem Erlass eines Vollstreckungsbescheides ein Mahnbescheid (§ 692 ZPO) vorauszugehen hat, der dem Antragsgegner zuzustellen ist (§ 693 ZPO) und gegen den der Antragsteller nicht fristgerecht Widerspruch erhoben haben darf (§ 699 Abs. 1 ZPO). Die Beklagte hat indes ihre - streitige - Behauptung, vorliegend sei dem Kläger der dem Vollstreckungsbescheid vorgeschaltete Mahnbescheid tatsächlich wirksam zugestellt worden und zur Kenntnis gelangt, nicht unter Beweis gestellt. Unter diesen Umständen kann nicht ausgeschlossen werden, dass bereits die Titulierung der Forderung für den Kläger nicht vorhersehbar war.

Der Verordnungsgeber bezweckte mit dem Erlass der DSGVO den unionsweiten wirksamen Schutz personenbezogener Daten (Erwägungsgrund 11 zur DSGVO), namentlich ein gleichmäßiges und hohes Datenschutzniveau für natürliche Personen (Erwägungsgründe 10 und 13 zur DSGVO). Die Effektivität des Schutzes personenbezogener Daten setzt indes voraus, dass der Betroffene deren bevorstehende Verarbeitung zumindest erkennen kann. In aller Regel mag das durch die Modalitäten, an die die nationalen Rechtsordnungen den Erlass von Vollstreckungstiteln knüpfen, bereits gewährleistet sein. In Fällen aber, in denen wie vorliegend ein Versagen dieser Mechanismen nicht auszuschließen ist, ist im Sinne einer praktischen Konkordanz den wider-streitenden Interessen am ehesten dadurch ausgleichend Rechnung zu tragen, dass die Zulässigkeit der Datenverarbeitung an den Ablauf einer (kurzen) Wartefrist geknüpft wird, die es dem Betroffenen ermöglicht, mit der gebotenen Beschleunigung die (ggf. überraschend titulierte oder zunächst bestrittene) Forderung zumindest vorläufig zu begleichen. Zwar sind auch die Interessen der betroffenen Wirtschaftskreise an einer zuverlässigen Beurteilung der Bonität der am Wirtschaftsverkehr Teilnehmenden unionsrechtlich anerkannt und dienen die Bestimmungen der DSGVO maßgeblich auch dem Schutz dieser Interessen. Innerhalb einer kurzen Karenzfrist nach Erlass eines Vollstreckungstitels rechtfertigt jedoch, wie im Rahmen der Darlegungen zum nationalen Recht erörtert, noch nicht in jedem Fall dessen Existenz Zweifel an der Zahlungswilligkeit oder -fähigkeit der betroffenen Person.

Nach alldem ist die Kammer der Überzeugung, dass im vorliegenden Falle die Ersteinmeldung der Beklagten an die SCHUFA Holding AG bei allein unionsrechtlicher Abwägung deshalb unzulässig war, weil die Beklagte den Kläger weder auf die drohende Einmeldung hingewiesen hatte, noch für den Kläger die Titulierung der Forderung nachweislich vorhersehbar war, noch die Beklagte nach Erlass des Titels eine kurze Karenzfrist abgewartet hätte, um es dem Kläger zu ermöglichen, die Forderung unverzüglich zu begleichen.

2. Antrag auf Mitteilung zur Scorewertberichtigung

Die Beklagte ist aufgrund der schuldhaft rechtswidrigen Einmeldung verpflichtet, der SCHUFA Holding AG mitzuteilen, dass derjenige Zustand auch im Hinblick auf die Berechnung von Scorewerten wiederhergestellt werden solle, als habe es den Negativeintrag nicht gegeben, §§ 823 Abs. 1, 1004, 249 S. 1 BGB.

Die Beklagte hat durch die rechtswidrige Ersteinmeldung an die SCHUFA Holding AG rechtswidrig das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt. Dies ist auch schuldhaft, nämlich mindestens leicht fahrlässig geschehen. Die Beklagte hätte bei der gebotenen Sorgfalt erkennen können und müssen, dass ihr weder ein Nachweis über den Zugang ihres Schreibens vom 29.08.2018 vorlag, mit dem sie den Beklagten auf die drohende Gefahr einer Einmeldung zur SCHUFA hingewiesen hatte, noch ein Nachweis über die Zustellung des Mahnbescheides, und dass auch nicht zumindest die unter diesen Umständen zuzubilligende Karenzfrist nach Erlass des Vollstreckungstitels verstrichen war. Sie ist deshalb dem Kläger zum Schadenersatz verpflichtet. Dieser Schadenersatz ist grundsätzlich im Wege der Naturalrestitution zu gewähren (§ 249 S. 1 BGB). Es ist davon auszugehen, dass die negative Ersteinmeldung der Beklagten an die SCHUFA Holding AG in den dort ermittelten Scorewert eingeflossen ist - dies war der Zweck der Einmeldung -. Den Zustand wiederherzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre (§ 249 S. 1 BGB), setzt eine Rücksetzung des Scorewertes auf denjenigen Scorewert voraus, der bestünde, wenn es den Negativeintrag nicht gegeben hätte.

Die Kammer verkennt nicht, dass die Beklagte weder gegenüber der SCHUFA Holding AG weisungsbefugt ist noch sonst - abgesehen von den scorewertrelevanten Meldungen - unmittelbaren Einfluss darauf hat, wie die SCHUFA Holding AG ihre Scorewerte ermittelt. Der Grundsatz möglichst vollständigen Schadenersatzes gebietet aber, die Beklagte dazu zu verurteilen, zumindest das ihr tatsächlich und rechtlich Mögliche zu unternehmen, um gegenüber der SCHUFA zu verdeutlichen, dass "das Geschehene ungeschehen gemacht" werden möge. Dem trägt der Klageantrag zu 2. in nicht zu beanstandender Weise Rechnung.

3. Unterlassungsantrag

Die Beklagte ist weiter verpflichtet, es zu unterlassen, der SCHUFA Holding AG oder einem anderen Wirtschaftsinformationsdienst offene Forderungen im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Vertrag als ein sog. Negativmerkmal mitzuteilen, sofern keine neuen offenen Forderungen zu besorgen sind. Der Anspruch ergibt sich aus § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB, nachdem die Beklagte mit der unberechtigten Ersteinmeldung an die SCHUFA Holding AG das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt hat. Die für die Titulierung des Unterlassungsanspruches erforderliche Wiederholungsgefahr wird bei vorausgegangener rechtswidriger Beeinträchtigung vermutet. Diese Vermutung ist nicht bereits dadurch widerlegt, dass die Beklagte erklärt hat, der Forderungseinziehungssachverhalt sei schon vor Klageerhebung beendet gewesen. Die Beklagte habe die Vollzahlung der Forderung verbucht und auch gegenüber der SCHUFA Holding AG gemeldet. Dass die Beklagte der SCHUFA tatsächlich bereits am 24.07.2019 die vollständige Zahlung der Forderung mitgeteilt habe, ist aber bestritten und nicht hinreichend unter Beweis gestellt. Der aktualisierte Eintrag bei der SCHUFA unter dem "Datum des Ereignisses: 24.07.2019" lautet auf "uneinbringliche titulierte Forderung / Einzug unwirtschaftlich". Bei dem Beleg, den die Beklagte zum Nachweis einer abweichenden Einmeldung vorgelegt hat, handelt es sich aber um einen Vordruck, den die Beklagte offenbar erst auf eine Nachfrage der SCHUFA Holding AG vom 22.10.2019 ausgefüllt und an die SCHUFA Holding AG zurückgeleitet hat. Dies ergibt sich aus der Nachfrage der SCHUFA vom 22.10.2019 (Anlage Bll, Bl. 121 d. A.) und der Antwort der Beklagten hierauf (gleichfalls in der Anlage Bll) samt den Faxkennungen hierauf.

Die Androhung von Ordnungsmitteln beruht auf § 890 Abs. 2 ZPO; sie kann bereits in dem die Unterlassungsverpflichtung aussprechenden Urteil enthalten sein (arg. E § 890 Abs. 2 ZPO).

4. Schadenersatz

Auf den Klageantrag zu 4. sind dem Kläger 5.000,- € zuzusprechen.

Der Antrag ist dahin gehend zu verstehen, dass lediglich die Beklagte (im Singular), nicht die Beklagten (im Plural) zu verurteilen sind. Soweit der Antrag auf die Verurteilung mehrerer Beklagter gerichtet ist, handelt es sich angesichts des Umstandes, dass im Verfahren immer nur eine Beklagte in Anspruch genommen worden ist, um ein offenkundiges Schreibversehen.

Die Beklagte hat dem Kläger Schadenersatz zu leisten in Höhe von 5.000,- €. Soweit der Kläger darüber hinaus Schadenersatz in Höhe von insgesamt 10.000,- € geltend macht, ist die Klage unbegründet, weil weder ein erstattungsfähiger materieller Schaden hinreichend dargelegt und bewiesen ist, noch der festzustellende immaterielle Schaden einen Ersatzanspruch von mehr als 5.000,- € rechtfertigt.

a. Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Schadenersatz ist in Höhe von 5.000,- € aus Art. 82DSGVO begründet.

Nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO hat jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter. Der Verantwortliche oder der Auftragsverarbeiter wird von der Haftung gemäß Absatz 2 befreit, wenn er nachweist, dass er in keinerlei Hinsicht für den Umstand, durch den der Schaden eingetreten ist, verantwortlich ist.

Die Ersteinmeldung der Beklagten an die SCHUFA Holding AG vom 16.07.2019 war ein "Verstoß gegen diese Verordnung" im Sinne des Art. 82 Abs. 1 DSGVO. Nach Erwägungsgrund 146 genügt entgegen dem Wortlaut von Art. 82 Abs. 1 DSGVO auch ein Verstoß gegen die erlassenen delegierten Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte sowie präzisierenden Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten (so ausdrücklich Erwägungsgrund 146 zur DSGVO; vgl. ferner Wolff/Brink, BeckOK Datenschutzrecht, 37. Ed. Stand 01.08.2021, Art. 82 DSGVO Rn. 15; Ehrmann/Selmayr DSGVO, 2. Aufl. 2018, Art 82 Rn 9), so dass es nicht darauf ankommt, ob sich vorliegend die Unzulässigkeit der Ersteinmeldung aus der DSGVO selbst oder aus den präzisierenden Rechtsvorschriften des nationalen Rechts ergibt. Dass die Einmeldung als solche rechtswidrig war, ist bereits festgestellt worden.

Es ist der Beklagten auch nicht gelungen, im Sinne des Art. 82 Abs. 3 DSGVO nachzuweisen, dass sie in keinerlei Hinsicht für den Umstand, durch den der Schaden eingetreten ist, verantwortlich ist. "Verantwortung" meint hier das Verschulden im Sinne der deutschen Rechtsterminologie, nicht die datenschutzrechtliche Verantwortung (Wolff/Brink, BeckOK Datenschutzrecht, 37. Ed. Stand 01.08.2021, Art 82 DSGVO Rn. 17). Ausreichend ist Vorsatz oder Fahrlässigkeit (Ehrmann/Selmayer, DSGVO, 2. Aufl. 2018, Art 82 Rn 14). Das Verschulden wird nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Art. 82 Abs. 3 DSGVO vermutet (Beweislastumkehr, Wolff/Brink, BeckOK Datenschutzrecht, 37. Ed. Stand 01.08.2021, Art 82 DSGVO Rn 17; Ehrmann/Selmayr DSGVO, 2. Aufl. 2018, Art 82 Rn 4,19). Die mithin zur Meidung einer Haftung erforderliche Exkulpation ist der Beklagten nicht gelungen. Sie hatte keine tragfähigen Anhaltspunkte für die Beurteilung der Frage, ob der Mahnbescheid dem Kläger wirksam zugestellt oder dem Kläger sonst in der gebotenen Weise rechtliches Gehör gewährt worden war, ob ihm etwa die Mahnschreiben der Beklagten einschließlich insbesondere der Ankündigung, ggf. die Forderung an die SCHUFA Holding AG zu melden, tatsächlich zugegangen waren. Unter diesen Umständen hätte die Beklagte die ihr obliegenden Sorgfaltspflichten nur erfüllt, wenn sie vorsorglich zusätzlich eine kurze Karenzfrist nach Erlass des Titels abgewartet hätte.

Der Kläger hat durch die Ersteinmeldung der Beklagten an die SCHUFA Holding AG vom 16.07.2019 zwar keinen von ihm bezifferten materiellen Schaden erlitten. Er behauptet, er habe aufgrund des Negativeintrages "massive wirtschaftliche Konsequenzen und Nachteile, die bis jetzt andauerten", ohne konkret darzutun, in welcher Hinsicht und in welchem Umfang es über eine bloße Vermögensgefährdung hinaus zu einer konkreten Vermögensbeeinträchtigung gekommen sein soll.

Der Kläger hat jedoch einen nach Art. 82 DSGVO gleichfalls ersatzfähigen immateriellen Schaden erlitten. Voraussetzung für einen Schadenersatzanspruch für immaterielle Schäden nach § 82 Abs. 1 DSGVO ist eine benennbare und tatsächliche Persönlichkeitsverletzung. Die in der bisherigen deutschen Rechtsprechung für Schmerzensgeld geforderte Voraussetzung einer schwerwiegenden Persönlichkeitsverletzung verträgt sich hingegen nicht mit Art. 82 Abs. 2 DSGVO; sie ist weder vorgesehen noch von dessen Ziel und Entstehungsgeschichte gedeckt, der Anspruch ist hiervon grundsätzlich unabhängig. Die schwerwiegende Persönlichkeitsverletzung kann vor diesem Hintergrund auch nicht als untere Grenze einer Schmerzensgeldhöhe wieder eingelesen werden. Vielmehr ist der immaterielle Schaden umfassend zu ersetzen. Eine schwerwiegende Persönlichkeitsverletzung wird regelmäßig zu einem hohen Schmerzensgeld führen (Wolff/Brink, BeckOK Datenschutzrecht, 37. Ed. Stand 01.08.2021, Art. 82 DSGVO Rn. 32). Mit dieser Einschränkung gelten für den immateriellen Schadenersatz nach Art. 82 Abs. 2 DSGVO die im Rahmen von § 253 BGB entwickelten Grundsätze; die Ermittlung obliegt dem Gericht nach § 287 ZPO (Wolff/Brink, BeckOK Datenschutzrecht, 37. Ed. Stand 01.08.2021, Art. 82 DSGVO Rn. 31). Bei der Bemessung des "vollständigen und wirksamen Schadenersatzes für den erlittenen Schaden" (Erwägungsgrund 146 zur DSGVO) ist auch die Genugtuungs- und Abschreckungsfunktion des Anspruchs aus Art. 82 DSGVO zu berücksichtigen.

Der Kläger hat plausibel und im Kern unbestritten dargelegt, durch den SCHUFA-Eintrag eine massive Beeinträchtigung seines sozialen Ansehens im Sinne der Einschätzung seiner Kreditwürdigkeit durch Dritte erlitten zu haben. Die Beklagte hat lediglich die weitere Behauptung des Klägers in Abrede gestellt, die konkret in Rede stehende Einmeldung der Beklagten an die SCHUFA Holding AG sei auch ursächlich dafür gewesen, dass dem Kläger Kreditkarten gesperrt worden seien und dass seine Immobilienfinanzierung gefährdet gewesen sei. Für diese damit verbundene Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers erachtet die Kammer einen Schadenersatzanspruch von 5.000,- € als angemessen, aber auch ausreichend.

b. Weitergehende Schadenersatzansprüche des Klägers sind auch aus keinem anderen Rechtsgrund begründet.

Aus § 280 Abs 1, 241 Abs 2 BGB ist ein den Betrag von 5.000,- € übersteigender Anspruch schon deshalb nicht begründet, weil es an einer vertraglichen Beziehung der Parteien fehlt. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB oder aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit datenschutzrechtlichen Vorschriften würde keinen weitergehenden Schaden abdecken als denjenigen, den der Kläger aus Art. 82 DSGVO ersetzt verlangen kann. Ebenso verhielte es sich mit § 824 BGB, wobei ein Anspruch aus dieser Norm schon dem Grunde nach daran scheitern dürfte, dass die Beklagte die eingemeldete kreditgefährdende Tatsache - das Offenstehen einer titulierten Forderung gegen den Kläger - zum Zeitpunkt der Einmeldung nicht wahrheitswidrig behauptet hat. Dass die zweite Meldung der Beklagten an die SCHUFA (24.07.2019) den (unstreitig unzutreffenden) Inhlat hatte, die Forderung sei uneinbringlich, hat der Kläger nicht unter Beweis gestellt.

c. Soweit der Schadenersatzanspruch des Klägers begründet ist, ist er antragsgemäß mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu verzinsen, §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

5. Vorgerichtliche Anwaltskosten

Der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten ist in voller geltend gemachter Höhe von 787,42 € begründet. Gegen die Berechnung der vorgerichtlichen Anwaltskosten auf Basis eines Gegenstandswertes von 10.000,- ist nichts zu erinnern. Das gilt schon deshalb, weil der Prozessbevollmächtigte des Klägers auch mit der Geltendmachung des Widerrufsanspruchs betraut war. Hierzu bestand Veranlassung, weil der Kläger anwaltlichen Beistand zu einem Zeitpunkt in Anspruch genommen hatte, zu dem ihm nicht bekannt war, dass die Beklagte bereits am 11.09.2019 die Einmeldung an die SCHUFA Holding AG widerrufen hatte; dies hat die Beklagte erstmals im vorliegenden Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 10.05.2021 vorgetragen.

Auch der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten ist antragsgemäß mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu verzinsen, §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.